Nur 900 Einwohner hat der kleine Ort Frankenthal bei Bischofswerda - und einen neuen Bürgermeister. Der übernimmt die Aufgabe im Ehrenamt, will aber trotzdem einiges bewegen.
Plaudernd stehen Janine Bansner und Armin Groh vor dem Gemeindeamt in Frankenthal. Für die Juristin sind es die letzten Tage im Ehrenamt als Bürgermeisterin ihrer Gemeinde in der Nähe von Bischofswerda. Bei der Wahl am 1. September gab es in der Mini-Kommune einen Paukenschlag: Ihr Herausforderer von der SPD holte aus dem Stand 420 Stimmen. Knapp drei Viertel der Wähler gaben dem Zugezogenen aus dem Rhein-Main-Gebiet ihre Stimme statt der Amtsinhaberin von den Christdemokraten. Am 1. November beginnt für den 58-Jährigen die erste Amtszeit.
Die Noch-Bürgermeisterin verabschiedet sich lachend an ihrem Schreibtisch an diesem Morgen. So geht Dorf. Der Spagat zwischen den Wünschen der Einwohner, der klammen Gemeindekasse, ihrem Brot-Job und der Familie sind für die 48-Jährige Vergangenheit. Und Armin Groh kennt die Herausforderung. „Ich habe mit meinem Arbeitgeber abgesprochen, dass ich aktuell Freiräume für die Aufgabe bekomme. Zudem scheide ich im Juli 2025 aus dem aktiven Arbeitsleben aus. Dann kann ich mich ganz auf die Tätigkeit des Bürgermeisters konzentrieren“, sagt der Kundenberater bei der Telekom. Bei Europas größtem Telekommunikationsunternehmen arbeitet er seit über 40 Jahren.
Zugezogen mit „leichtem Migrationshintergrund“
Aufgewachsen ist Armin Groh zwischen Darmstadt und Frankfurt/Main. Sein „leichter Migrationshintergrund“ klingt beim Sprechen noch immer durch. Zur Familientradition gehört aber nicht nur das Hessische, sondern auch die Mitgliedschaft bei den Sozialdemokraten. Mit 17 Jahren beginnt er eine Ausbildung zum Fernmeldemechaniker, sein älterer Bruder ist sein Vorbild. Es ist Anfang der 1980er Jahre, und der junge Mann verschwendet keinen Gedanken daran, einmal in einem Dorf hinter Dresden zu landen. Die Region kennt er jedoch gut. Ein Onkel wohnt in Ottendorf-Okrilla.
Bei einem Polterabend während eines Besuchs in den neuen Bundesländern lernt Armin Groh seine heutige Frau kennen. Sie ziehen erst in seine alte Heimat, doch mit dem Wunsch nach einem eigenen Haus geht es zurück nach Sachsen. „Seit 25 Jahren bin ich inzwischen Frankenthaler, ich kenne viele und rede mit jedem. Kandidiert habe ich als parteiunabhängiger Bewerber“, sagt der neue Bürgermeister. Das sind beste Voraussetzungen für das neue Ehrenamt an der Gemeindespitze. Zur Wahl ließ sich der langjährige stellvertretende Bürgermeister übrigens aufstellen, weil die Frankenthaler ihn darum baten.
Und was brennt ihnen unter den Nägeln? Ein Sorgenkind ist die Schweinemastanlage. „Heute ist ein harmloser Tag. Bei guter Wind- und Wetterlage riecht es im Ober- und im Unterdorf“, sagt Armin Groh mit einem tiefen Atemzug. Dabei gehe es nicht nur um Geruchsbelästigung. Kürzlich sei auch der Dorfbach durch ein kaputtes Abflussrohr am Stall wieder verunreinigt worden. „Die Fische schwammen auf dem Rücken, das stinkt den Frankenthalern gewaltig, aber irgendwie will keiner ran. Und dabei haben wir noch nicht einmal etwas vom Betrieb, weil er die Steuern woanders zahlt“, sagt der Neue im Amt.
Ein weiteres Thema ist für Armin Groh der Kindergarten. Die Einrichtung der Arbeiterwohlfahrt ist für ihn ein Standortfaktor. Mit ihrem Erhalt bleibt Frankenthal attraktiv für junge Familien; schließlich gibt es mit der Evangelischen Grundschule auch eine eigene Schule im Ort. Doch der Kindergarten ist in die Jahre gekommen, die ehemalige Gaststätte wurde bislang mit Sondergenehmigungen von Jahr zu Jahr gerettet, und die Sanierung blieb aus. Jetzt soll eine Außentreppe als Brandschutzmaßnahme gebaut werden. „Wir müssen verhindern, dass wir die Betriebserlaubnis verlieren“, sagt er.
Wo gibt es Förderung für einen Kita-Neubau?
Doch das ist aus Sicht Armin Grohs nur die halbe Miete. Er stiefelt durch sein Dorf und stoppt hinter einem Acker gleich hinter dem Kindergarten-Außengelände. An dieser Stelle könnte aus seiner Sicht ein Kita-Neubau entstehen – mit einer Win-Win-Situation. Während des Baus könnte die alte Einrichtung weitergenutzt werden, nach dem Abschluss könnten die Mädchen und Jungen unkompliziert weiter in ihrem angelegten Freibereich draußen toben. Er weiß, ein solches Projekt lässt sich nur mithilfe von Förderung umsetzen. „Ich habe schon die ersten Gespräche geführt“, sagt er – und weiß aber auch, dass das schwer werden wird.
Denn Frankenthal mit gut 900 Einwohner kann aufgrund seiner Gemeindefinanzen keine großen Sprünge machen. Immer noch klingt in der Gemeindekasse der Ausbau der Staatsstraße nach. Die Gemeinde musste sich an der Instandsetzung der Gehwege, der Straßenbeleuchtung und der Abwasserkanäle beteiligen. Trotzdem schaut Armin Groh nach vorn. Sein Ziel ist es, ein Umfeld zu schaffen, in dem Jugendliche aus dem Dorf wiederkommen, junge Familien nach Frankenthal ziehen, und er immer ein offenes Ohr für die Vereine hat. Er weiß: Ohne das Ehrenamt geht Dorf so gar nicht.
SZ
Quelle: sächsische.de/Sächsische Zeitung, von Miriam Schönbach
Dienstag, 22.10.2024
Link: https://www.saechsische.de/lokales/bautzen-lk/bischofswerda/frankenthal-das-sind-die-plaene-des-neuen-buergermeisters-H7SRQBGAV5BFFHJOTFHOXHN2EY.html