Heike Kurze schreibt mit ihrem Team in Frankenthal seit 15 Jahren Erfolgsgeschichte. Der Zuspruch ist enorm.
Frankenthal. Die Evangelische Grundschule Frankenthal besteht seit 15 Jahren. Ebenso lange ist Heike Kurze dort die Schulleiterin. Sie begann im Jahr 2002 als Klassenlehrerin der 1. Klasse, im ersten Jahr der Schule zugleich die einzige Klasse im Haus. Ihr zur Seite standen damals nur eine Erzieherin und eine Honorarkraft.
Im 15. Jahr ihres Bestehens ist die Schule in freier Trägerschaft längst etabliert, genießt in der Region einen guten Ruf. Aus dem Raum Bischofswerda, aus Rammenau, Lauterbach, dem Rödertal und natürlich aus Frankenthal selbst kommen die Schüler. Der Zuspruch zeigt sich auch an den Anmeldezahlen. Schon bis zum Schuleingangsjahr 2023, also fünf Jahre im Voraus, lassen Eltern ihr Kind für die Frankenthaler Schule vormerken.
Frau Kurze, vor 15 Jahren war es ein Wagnis, einen sicheren Arbeitsplatz in einer staatlichen Schule aufzugeben und die Leitung einer freien Schule zu übernehmen, die gerade erst gegründet wurde. Was hat sie damals motiviert, diesen Schritt trotzdem zu gehen?
Ich hatte kurz zuvor berufsbegleitend eine Weiterbildung zur Religionslehrerin absolviert. Hinzu kam, dass es üblich war, Lehrer von ihrer Stammschule an andere Schulen abzuordnen. Das fand ich nicht so toll. Zudem war ich damals schon stellvertretende Schulleiterin. Alle drei Gründe gaben einen Anstoß, mich neu zu orientieren und beruflich weiterzuentwickeln. Durch Zufall stieß ich auf eine Annonce, in der ein Leiter bzw. eine Leiterin der neuen Evangelischen Grundschule in Frankenthal gesucht wurde. Das gab letztendlich den Ausschlag, über einen Wechsel nachzudenken. Es bestand damals die Möglichkeit, sich für bis zu drei Jahre vom staatlichen Schuldienst freistellen zu lassen. Das war für mich eine Rückversicherung. Trotzdem blieb ein Risiko. Erst kurz vor Beginn des Schuljahres 2002 wurde die Frankenthaler Schule als freie Grundschule genehmigt.
Worauf sind Sie heute, nach 15 Jahren, besonders stolz?
Ich bin stolz darauf, dass wir uns als evangelische Grundschule in freier Trägerschaft in der Bildungslandschaft etabliert haben. Wir sind in der Region eine feste Größe. Dahinter steht sehr viel Arbeit der Lehrerinnen und Erzieherinnen. Man musste sich jeden Tag neu beweisen. Auch weil wir, vor allem in den ersten Jahren, viel stärker im Fokus der Öffentlichkeit standen, als die Lehrer an staatlichen Schulen. Unser Anliegen ist es, den Kindern christliche Werte näher zu bringen, unabhängig davon, ob sie bzw. ihre Eltern konfessionell gebunden sind oder nicht. Unsere Schule ist offen für jedes Kind.
Eltern bekunden ihr Interesse an einer Einschulung ihrer Kinder mitunter schon Jahre im Voraus e an Ihrer Schule. Wie erklären Sie sich diesen Zulauf trotz des Schulgeldes?
Die Eltern sehen das Schulgeld nicht vordergründig. Sie nehmen es für eine gute Bildung ihres Kindes gern in Kauf. Unsere Schule ist eine Ganztagsschule, in der die Kinder von 7 bis 16.30 Uhr gut betreut werden. Dafür zahlen die Eltern 81 Euro im Monat. Es gibt Abstufungen, zum Beispiel für Geschwisterkinder. Nimmt man die Elternbeiträge, die anderswo für einen Hortplatz anfallen, relativieren sich die 81 Euro ganz schnell. – Für die meisten Frankenthaler Familien ist unsere Einrichtung „die Schule im Ort“. Etwa 50 Prozent unserer Schüler kommen aus Frankenthal. Das ist folgerichtig. Denn es waren ja Frankenthaler Eltern, die sich zu einer Initiative zusammengeschlossen und die Schule in freier Trägerschaft erkämpft hatten.
Was macht die Schule für Kinder und Eltern von außerhalb attraktiv?
Die überschaubare Größe der Schule. Klassen, in denen nicht mehr als 24 Kinder lernen. In staatlichen Schulen können es bis zu 28 Kinder in einer Klasse sein. Hinzu kommen enge Kontakte und kurze Wege zwischen Schule und Eltern. Jeder kennt jeden. Das gibt uns eine andere Grundlage, pädagogisch zu arbeiten. Bei all dem, was wir tun, stehen die Kinder im Mittelpunkt. Aus Gesprächen mit den Eltern wissen, wir, dass sie unsere Schule bewusst wegen dem Evangelischen Profil gewählt haben. An einer staatlichen Schule müssen Eltern ihre Kinder anmelden. An unserer Schule darf man sich bei Befürwortung des Konzeptes anmelden.
Bildung gehört derzeit zu den meistdiskutierten Themen in Sachsen. Aktuell geht es um Lehrermangel, Stundenausfall, die Verbeamtung von Lehrern, die Attraktivität des Lehrerberufes und die Anerkennung der Leistungen von Pädagogen an staatlichen Schulen. Wie reflektiert man an einer freien Schule diese Debatte?
Jedem dürfte inzwischen bewusst sein, dass es ohne Verbesserungen auf diesem Gebiet nicht gehen wird. Wir schauen interessiert und skeptisch darauf, was Sachsens Staatsregierung tut, um mehr Geld für Bildung, Schulen und Lehrer bereitzustellen. Das sollte dann aber auch für die freien Schulen gelten, um beispielsweise Gehälter anpassen zu können. In Sachsen gibt es fast 400 Schulen in freier Trägerschaft. Laut Gesetz sind sie den staatlichen Schulen gleichgestellt. In der Öffentlichkeit wurde es bisher aber noch nicht erwähnt, was sich durch zusätzliche Gelder für die Bildung an freien Schulen verbessern soll. Hier vermisse ich klare Aussagen.
Ist Lehrermangel auch ein Thema an der Frankenthaler Schule?
Zum Glück nicht. Wir haben die Lehrerinnen und Erzieherinnen, die wir brauchen.
Sehen Sie sich im Wettbewerb mit staatlichen Schulen?
Nicht im Sinne von Konkurrenz. Wir verstehen uns als gleichberechtigt und arbeiten mit anderen Schulen der Region eng zusammen. In den vergangenen 15 Jahren konnte jede Schule ihr eigenes Profil entwickeln. Vielfalt in der Bildungslandschaft ist ja ein vom Gesetzgeber gewolltes Ziel. Anfangs war das alles etwas heikel. So hatten wir in den ersten Jahren zum Beispiel bei den Schuleingangsdiagnostikern weniger Kompetenzen als staatliche Schulen, konnten hier nicht selbst entscheiden.
Welche Pläne zur Weiterentwicklung der Schule gibt es?
Vor neun Jahren wurde das Schulhaus komplett saniert. Inzwischen sind erste Schönheitsreparaturen erforderlich. Wir investieren viel Kraft, Energie und Zeit in neue Bildungsprojekte. Dazu gehört auch, unsere Schule in den kommenden Jahren medientechnisch zu modernisieren, zum Beispiel durch interaktive Tafeln. Wir hoffen, für Familien aus der Region weiterhin attraktiv zu bleiben. Denn ohne Schüler keine Schule.
Quelle: sz-online.de/Sächsische Zeitung, von Ingolf Reinsch
Mittwoch, 23.05.2018